Ich war nicht der einzige
Neuaufsteiger. Der Bootsmann ("Bulleylookmann") sagte zu uns
Neuen: "Am besten, Ihr fasst hier nichts an. Luken auf und zu,
Doppelkran drehen und Ladegeschirr macht alles die Stammbesatzung."
Uns kam die ganze Technik auch nicht ganz geheuer vor - tausende von
Schalterchen, Hebelchen und Knöpfchen. Wir Neuen waren Alttonnage und
Handarbeit gewohnt.
Nun wieder ein paar Mitreisende: Kapitän war Hans W. Sass, I.NO.
Raschkowski, FO. Stoll, Maschine II.ING. Hille, mit Ehefrau, sonst??? An
Deck Bootsmann Hanyda (?) oder so ähnlich. Dann war noch Sonnenstuhl
(von der "V1"), Kühnel, Baran, Kiki, Ulli. Stewardessen waren
Biggi und Gitti. Alle anderen sind aus dem Gedächtnis verschwunden.
27. Mai: Auslaufen Rostock. Da es Schwierigkeiten mit der Hydraulik
gab (die Luken öffneten nicht so, wie sie sollten), waren die Werftleute
die Letzten, die von Bord gingen und in Hamburg die ersten, die an Bord
kamen. Nach Hamburg "versegelten" wir weiter nach Bremerhaven,
dann folgte Antwerpen. Dort fiel uns der Scherstock von Luke 5 auf die
Pier. Jürgen Baran und ich mussten deshalb an der Pier Pflasterarbeiten
ausführen. Von Antwerpen ging es nach Rotterdam. Dort lief auch etwas
schief. Es sollten vom Kran die Motoren gewechselt werden. Irgendwie
machten sich die Kranausleger selbständig, einer fiel auf den anderen
und beide auf die Luke. So lagen wir vom 4. bis 11. Juni in Rotterdam.
Was sich natürlich positiv auf den Landgang auswirkte. Da Pfingsten
dazwischen lag, hatte man mal richtig Zeit, sich Rotterdam anzusehen.
Nun begann endlich die Überfahrt. Der ganz normale Bordalltag holte
uns ein. Entrosten, malen, labsalben usw. Ab und an ein Bar- oder
Grillabend. Nach dem Suezkanal ging es nach Singapore, Bangkok, Hongkong
(mit einem längeren Aufenthalt), weiter nach Yokohama, Kobe.
Dann die Rückreise, Hongkong, Port Kelang, Suezkanal. Kurz vor Malta
wollte "Balduin Sulzer", unsere Hauptmaschine, nicht mehr. Wir
mussten die Werft in La Valetta auf Malta anlaufen. "Balduin"
wurde wieder in Ordnung gebracht, und auch hier hatten wir viel Zeit, an
Land zu gehen. Eine kleine Begebenheit aus diesen Tagen will ich mal zum
Besten geben. Wir waren mal wieder auf der Insel, der Wein und der Whisky
waren nicht zu verachten und auch recht preiswert. Deshalb wurde es
wieder sehr früh. Jedenfalls wurden am Morgen Seeleute zum Blutspenden
gesucht, denn ein sowjetischer Matrose war verunglückt. Natürlich waren
alle Besatzungsmitglieder zum Spenden bereit. Das Blut einiger Zecher
wurde auch genommen ... Leider erfuhren wir nie, wie das dem sowjetischen
Seemann bekam - schade. Fünf Tage später ging es weiter, über
Westeuropa wie gehabt nach Rostock. Nach 115 Tagen war die
"Traumreise" zu Ende. Am 29. September 1976, nach der
0-8-Wache, war mein Gastspiel auf dem Schnellfrachter M/S "Charlie
Murks" zu Ende.
Es folgte wieder Abgeltung freier Tage. Ich wusste auch schon, wann
und wo ich wieder aufsteigen werde. Mit diesem beruhigenden Wissen fuhr
ich nach Hause.
Gerhard
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